Architektur.Film.Sommer 2017

Die Arbeiter*innen verlassen die Stadt

Kinoabende im Hof des Az W

Mi 16.08.2017, 20:30
Mensch an Seil befestigt hängt neben einem Haus

Filmstill The Flying Gardeners
© R: Giacomo Boeri & Matteo Grimaldi

Wie wirkt sich das Verschwinden der Arbeiterklasse auf die Stadt, auf das Zusammenleben der Bevölkerung oder auf Urlaubsgewohnheiten aus? Stadterweiterung und Nachverdichtung verdrängen oft alteingesessenes Gewerbe, andererseits bringen neue Nutzungen auch neue Tätigkeiten in der Stadt.

The Flying Gardeners, IT 2015, 9:00 min, ohne Sprache, R: Giacomo Boeri & Matteo Grimaldi

Gilberto, Massimo und Giovanni seilen sich alle vier Monate vom „Vertikalen Wald“, einem begrünten Hochhauskomplex des Architekten Stefano Boeri, in Mailand, ab. Botaniker und Bergsteiger, nur sie haben das Bewusstsein für den natürlichen Reichtum, den der Wald im Himmel über Mailand beherbergt.

STALINGRAD – Geschichten einer Innsbrucker Siedlung, AT 2015, 58:09 min, dOF, R: Melanie Hollaus

Ab den späten 1920er Jahren entstand südlich der Innsbrucker Conradkaserne in mehreren Bauetappen eine Siedlung, die seit dem 2. Weltkrieg den inoffiziellen Namen „Stalingrad“ trägt. Als die Nationalsozialist*innen an die Macht kamen, wurden die letzten Baracken dieser Gegend abgerissen und die restlichen Wohnungen errichtet. Das Gebiet war ein Experimentierfeld des Sozialen Wohnbaus, in dem neue Haustypologien und neue Materialien ausprobiert wurden. Die Wohnblocks waren, im Gegensatz zum eher „gehobenen“ Sozialwohnbau, vor allem für ärmere Bevölkerungsschichten, Barackenbewohner*innen und Kriegsheimkehrer vorgesehen. Der Ruf der berühmt-berüchtigten Siedlung war nach außen hin nie besonders gut, intern allerdings war von Nachbarschaftshilfe und einem engen Zusammenhalt untereinander die Rede. Die „Stalingradler*innen“ fühlten sich größtenteils sehr wohl in ihren Wohnungen und sind noch heute stolz auf die Siedlung.

„The Show Must Go On“, EE/AT 2016, 6:00 min, ohne Sprache, R: Laurien Bachmann & David Wittinghofer

Hinter einem Vorhang wartet ein Akteur auf seinen großen Auftritt, welcher aber nicht stattfinden wird. Währenddessen entwickelt sich der Raum um ihn nach und nach zur eigentlichen Bühne, gewissermaßen sogar zum Hauptdarsteller: eine persönliche Hommage an Tallinns geschichtsträchtige Arbeiterwohnsiedlung Kopli liinid kurz vor ihrem Verschwinden.

IRIS, DE/LB 2016, 7:20 min, OmdU, R: Manuel Rees & Lea Najjar

Als Adnan ein kleiner Junge war, brachte ihm sein Vater vor der Küste Beiruts das Fischen bei. Sie lebten in einem Haus und blickten über grüne Terrassengärten und Bäume auf das Meer. Heute sind die Gärten verschwunden, Adnan hat sein Haus verloren, ein grauer Hochhausdschungel versperrt den Zugang zum Meer. Durch das Projekt IRIS, initiiert von dem libanesischen Architekten Karim Najjar, versuchen die Fischer heute wieder ihren Zugang zur Küste zu erstreiten. IRIS bietet ihnen eine Plattform, dient als Fischersteg und versorgt ganz nebenbei durch die Kraft der Wellen die Fischerhäuser mit Strom. Die entwurzelten und von der Stadt verschluckten Fischer gewinnen so langsam ihre Lebensgrundlage zurück.

19:30, AT 2016, 14:25 min, dOF, R: Simona Reisch

Eine Vermengung von Idylle und pedantischer Pünktlichkeit: um 19.30 ist in den städtischen Wiener Freibädern Badeschluss. Dieser wird mancherorts auf informelle, spontane, zum Teil auch freundliche Art angekündigt. Andernorts kann der Verweis auf das Ende des sommerlichen Badetages Erinnerungen an Kriegszeiten und Notfallszenarien hervorrufen. Begleitet von Assoziationen mit Bombenangriffen kann man noch schnell sein Twinni fertig essen oder sich abtrocknen. Die Bildsprache ist fotografisch gehalten und zeigt die Badearchitektur Wiens des letzten Jahrhunderts. Die Ausschnitte fokussieren nicht so sehr auf die zufälligen Akteur*innen als viel mehr auf die räumlichen und architektonischen Elemente, die den Abschluss eines sommerlichen Tages im Freibad umgeben.

Slumbering Concrete – extended teaser, HR 2016, 15:19 min, ohne Sprache, R: Saša Ban

„Slumbering Concrete“ ist der Titel einer Dokumentarfilmreihe über die fortschrittlichen Ambitionen und das kontroverse Schicksal modernistischer Architektur in der Region Ex-Jugoslawiens. Thema der ersten Staffel sind kroatische Ferienarchitekturen, die – befreit von den Zwängen anderer zeitgenössischer Projekte – Mitte der 60er bis Anfang der 70er Jahre ein wichtiges architektonisches Forschungsfeld darstellten. An ihnen sind die Zeichen einer bemerkenswerten architektonischen Kultur immer noch erkennbar, obwohl viele dieser faszinierenden Gebäude heute leer stehen und verfallen – ein beunruhigender Beweis für das kulturelle Vergessen und für schlecht gehandhabte postsozialistische Privatisierungsprozesse. „Slumbering Concrete – Extended Teaser“ stellt alle architektonischen Protagonisten der Serie in ihrem heutigen Zustand vor.

In Kooperation mit wonderland – platform for european architecture und dem MuseumsQuartier Wien

Jury Open Call

  • Karoline Mayer
  • Marlene Rutzendorfer
  • Daniela Schulhofer