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Boden für Alle

viele Menschen in und am einem See, dahinter eine Fabrik

Über ein Jahrhundert lang versorgte die ENCI-Kalkgrube die Niederlande mit Kalk für die Zementerzeugung. 2018 wurde die künstliche Landschaft in ein beeindruckendes Naturreservat verwandelt, das Raum für Naherholung, seltene Pflanzen und Vögel bietet.
© Rademacher / de Vries Architects

Die Oberfläche der Erde ist endlich und Boden unser kostbarstes Gut. Ein sorgloser oder ein kapitalgetriebener Umgang mit dieser Ressource hat in den vergangenen Jahrzehnten Gestalt und Funktion unserer Städte und Dörfer massiv verändert. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und steigender Wohnungspreise stellt sich die Frage, ob der bisherige Weg mit maximalen Kompromissen und minimalen Anpassungen noch tragbar ist. Wo bleibt eine weitreichende und mutige Bodenpolitik?

Über die fortschreitende Zersiedelung des Landes wird seit Jahrzehnten diskutiert. Mittlerweile könnten alle Österreicher*innen in bereits bestehenden Einfamilienhäusern untergebracht werden 1) und trotzdem wird weiter Bauland gewidmet, werden neue Einkaufszentren auf der grünen Wiese und Chaletdörfer in den Alpen errichtet. Die fortschreitende Versiegelung trägt zur Klimakrise bei und gefährdet die Ernährungssicherheit. Die Spekulation mit Grundstücken verteuert den Wohnbau und führt zu einer schleichenden Privatisierung des öffentlichen Raums. Schwache oder nicht angewandte Raumplanungsgesetze, ein teils fehlgeleitetes Steuergesetz- und Förderungswesen sowie eine mutlose Politik schreiben den Status Quo fort, anstatt eine Vision für die Zukunft zu entwickeln.

Anschaulich und konkret, kritisch und manchmal auch unfreiwillig absurd erläutert die Ausstellung die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe. Wie wird Grünland zu Bauland? Wieso steigt der Preis für Grund und Boden? Was hat das alles mit unseren Lebensträumen zu tun? Fallstudien und Begriffserklärungen bringen Licht in das Dickicht der Zuständigkeiten. Ländervergleiche veranschaulichen Stärken und Schwächen, internationale Best-Practice-Beispiele zeigen Alternativen. Eine Sammlung an bereits bestehenden und möglichen neuen Instrumenten weist Wege zu einer Raumplanung, die die Ressource Boden schont, den Klimawandel abfedert, der Wohnungsfrage hilft und eine gute Architektur ermöglicht. Wir alle sind aufgefordert, neu zu denken und zu handeln. Die Ausstellung bereitet den Boden dafür.

1) Bei einem Schlüssel von 4,16 Personen pro Wohneinheit (8.837.707 Einwohner*innen auf 2.123.597 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern). Quelle Statistik Austria, Stand 2018

Zur Ausstellung erscheint der umfassende und reich bebilderte Katalog „Boden für Alle“ mit Essays von: Saskia Sassen, Gerhard Senft, Vandana Shiva, Robert Temel und Gerlind Weber. Erhältlich im Az W Shop bzw. direkt über eshop@azw.at zu bestellen.
Hrsg.: Karoline Mayer, Katharina Ritter, Angelika Fitz und Architekturzentrum Wien
Verlag: Park Books
Buchgestaltung: Manuel Radde & LWZ; Illustrationen: LWZ

Kuratorinnen: Karoline Mayer & Katharina Ritter, Az W
Assistenz: Lisa Gallian, Christina Kirchmair