
Architekturzentrum Wien
© Foto: Lisa Rastl
Was will Architektur? Mit dieser Frage eröffnet das Architekturzentrum Wien sein Programm 2026. Die Ausstellung „Global – Neutral“ zeigt Architektur als Teil einer gemeinsamen, wenn auch konflikthaften Welt, die sich nach 1945 neu ordnete. Entlang der reichhaltigen Bestände der Az W Sammlung spannt sie einen Bogen von Bagdad und Teheran über Neu-Delhi und Kathmandu bis nach São Tomé. Eine zweite große Ausstellung „Temporär. Strukturen der Notwendigkeit“ beleuchtet jene oft übersehenen, aber unverzichtbaren Bauten, die unsere Städte täglich am Laufen halten.
Die Ausstellung Global – Neutral folgt ab April 2026 den Spuren österreichischer Architektinnen, die in den Jahren 1955 bis 1989 in afrikanischen und asiatischen Ländern tätig waren. Geprägt vom Selbstverständnis eines „neutralen Staates ohne koloniale Vergangenheit“ rücken sie die vermeintliche Randlage Österreichs ins Zentrum globaler Verflechtungen. Pläne, Fotografien und Modelle aus der Az W Sammlung zeigen realisierte und geplante Projekte von rund 25 österreichischen Architektinnen, u. a. Hans Hollein, Eva Mang-Frimmel und Karl Mang, Roland Rainer und Anton Schweighofer. Mit „Global – Neutral“ setzt das Az W seine Arbeit fort, Architekturgeschichte in ihrer gesellschaftlichen Dimension sichtbar zu machen.
Temporär. Strukturen der Notwendigkeit holt ab Herbst 2026 alltägliche Zweckbauten, die sich meistens unter der Wahrnehmungsgrenze befinden, auf die Bühne. Eine rasch wechselnde Schicht aus Behelfs- und Zwischenbauten ist die Voraussetzung für Bauen, Instandhaltung, Orientierung und Schutz. Die Ausstellung fragt, was wir von diesen flexiblen und ressourcenschonenden Strukturen lernen können. Temporäres Bauen wird hier als Labor für eine Architektur gelesen, die auf gesellschaftliche und ökologische Veränderungen unmittelbar reagiert.
Auch außerhalb Wiens ist das Az W präsent: Zwei erfolgreiche Ausstellungen touren 2026 durch Österreich. Über Tourismus geht bereits ins zweite Wanderjahr und macht ab März im Haus der Architektur in München sichtbar, wie sehr unsere Urlaubsträume die gebaute Umwelt prägen. Suburbia. Gebaute Träume – Zukunft Einfamilienhaus widmet sich der anhaltenden Popularität des Einfamilienhauses trotz Klimakrise, Flächenverbrauch und steigender Baukosten – zu sehen im Offenen Haus Oberwart (Burgenland) und im Museum Wattens (Tirol).
Die Schausammlung Hot Questions – Cold Storage zur österreichischen Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts bleibt mit ihren sieben „heißen Fragen“ zu Wohnen, Kapital, Werkzeugen, Identität, Umwelt, Infrastruktur und Teilhabe ein Publikumsliebling. Bei der Langen Nacht der Forschung Ende April tritt sie als „Jukebox der Fragen“ in Erscheinung.
Wie immer begleitet ein reichhaltiges Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm das Ausstellungsgeschehen: Diskussionen, Symposien und Hands-On-Workshops für alle Altersklassen und alle Sinne, dazu maßgeschneiderte Exkursionen für internationale Gruppen, Angebote für Schulen sowie inklusive Formate. Der Architektur.Film.Sommer – mittlerweile eines der erfolgreichsten Sommer-Filmfestivals Wiens – widmet sich dem Thema „Demokratie bauen“.
Az W Sammlung geht online!
Ein zentraler Meilenstein ist 2026 der Launch der Az W Sammlung Online. Das Az W verfügt als einziges Architekturmuseum Österreichs über die umfassendste Sammlung zur heimischen Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts. In mehrjähriger Vorarbeit wurden Objektdatenbank, Fotoarchive und Architekt*innenlexikon zu einem einzigartigen Online-Tool verbunden. Die Az W Sammlung Online macht österreichische Architekturgeschichte weltweit und jederzeit erlebbar. Sie bietet Forschenden ebenso wie einem breiten Publikum übersichtliche Suchoptionen und Einblicke
Insgesamt werden etwa 60.000 Dokumente – Pläne, Skizzen, Fotos und Modellfotos, aber auch die legendären Karteikarten des Achleitner-Archivs – digital zugänglich sein. Die Plattform wird kontinuierlich ausgebaut und um weitere Bestände ergänzt.
Die Sammlung online wird weiblich. Gemeinsam mit dem Margarete Schütte-Lihotzky Zentrum hat das Az W das Forschungsprojekt „Architektur Pionierinnen in Wien“ gestartet, dessen Ergebnisse in die Az W Sammlung Online einfließen. Mehr als 200 Frauen waren bereits vor 1938 an österreichischen Ausbildungsstätten eingeschrieben. Diese Architektinnen sichtbar zu machen, gehört zu unseren langfristigen Forschungsanliegen.
Auch die Forschungskooperationen werden 2026 weiter ausgebaut. Rund um das Research Center der Az W Sammlung entsteht ein innovatives Netzwerk für Forschung, Lehre und Vermittlung. Das Az W kooperiert dafür mit dem Forschungsbereich Kunstgeschichte der TU Wien. Ziel ist es, die österreichische Architekturgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts anhand von Originalquellen zu erforschen und Studierenden im Rahmen von Masterarbeiten und Dissertationen praxisnahe Einblicke in museale und wissenschaftliche Arbeit zu ermöglichen.
Az W Direktion
Nach zehn erfolgreichen Jahren wird Az W Direktorin Angelika Fitz mit Ende 2026 ihre Position aus gesundheitlichen Gründen zurücklegen. Az W Präsident Hannes Swoboda bedauert diesen Schritt und dankt Angelika Fitz für ihre hervorragende Arbeit: „Das Az W hat sich zu einer der einflussreichsten Institutionen für Architektur und Baukultur weltweit entwickelt. Gleichzeitig ist es mit seinem breiten Programm, dem verjüngten Publikum und der engen Zusammenarbeit mit Stakeholdern und Behörden ein zentraler Akteur vor Ort.“
Angelika Fitz betont: „Ich freue mich, dass wir gemeinsam mit dem Team die Vermittlung von Architektur um ökologische, planetarische und feministische Perspektiven erweitern konnten. Wir können ein international und national ausgezeichnet etabliertes Haus übergeben, das zu den aktivsten Architekturmuseen der Welt gehört.“
Auch Geschäftsführerin Karin Lux hätte die Zusammenarbeit gerne fortgesetzt und hofft auf eine Fortführung des Erfolgskurses. Angesichts der kommenden Herausforderungen appelliert sie an die öffentlichen Partner, das chronisch unterfinanzierte Az W nicht zusätzlich zu belasten.
Über die Nachfolge für die Az W Direktion wird im Frühjahr 2026 entschieden. Es liegen
45 internationale Bewerbungen vor.